Scheidung einreichen – Voraussetzungen, Ablauf und wichtige Hinweise
- Von Martina Kellermann
Eine bestehende Ehe auch formal zu beenden, stellt für die beteiligten Partner eine große Herausforderung dar. Häufig sind viele Emotionen im Spiel, wenn man eine Scheidung einreichen will. Neben den emotionalen Aspekten spielen auch viele rechtliche Voraussetzungen eine Rolle, die erfüllt sein müssen, damit das Scheidungsverfahren erfolgreich verläuft.

Wichtig ist beispielsweise, dass beide Ehegatten mindestens ein Jahr getrennt leben oder – unter bestimmten Voraussetzungen – sogar drei Jahre getrennt leben. Nur dann gilt die Ehe in der Regel als gescheitert.
In besonderen Fällen, in denen eine Fortsetzung der Ehe eine unzumutbare Härte darstellen würde, kann eine Scheidung auch früher erfolgen. Wie genau der Ablauf beim Scheidungsantrag ist, welche Rolle das Familiengericht spielt und welche Formalitäten Sie beachten müssen, erfahren Sie in diesem Beitrag.
Zudem geben wir Ihnen Tipps, wann und wie Sie am besten einen Rechtsanwalt oder eine Rechtsanwältin für Familienrecht hinzuziehen, wenn Sie die Scheidung einreichen wollen, um das Verfahren möglichst reibungslos zu gestalten.
1. Wann kann ich die Scheidung einreichen?
Eine Scheidung kann grundsätzlich dann beantragt werden, wenn die Ehe als gescheitert gilt. Dies wird in der Regel nach einem Trennungsjahr vermutet. In bestimmten Fällen ist eine frühere Scheidung möglich, z. B. bei unzumutbarer Härte.
Das Familiengericht stellt dabei nicht auf Schuld oder Fehlverhalten ab, sondern auf das sogenannte Zerrüttungsprinzip:
Eine Ehe gilt als zerrüttet, wenn beide Ehegatten seit einem Jahr getrennt leben und beide die Scheidung wollen – oder wenn ein Ehegatte die Scheidung beantragt und das Paar bereits seit drei Jahren getrennt lebt.
2. Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein?
Damit das Gericht die Scheidung ausspricht, müssen folgende Voraussetzungen vorliegen:
- Trennung der Ehegatten: Die Partner leben seit mindestens einem Jahr getrennt.
- Einverständnis: Idealerweise wollen beide Ehegatten die Scheidung.
- Scheidungsantrag durch einen Anwalt: Der Antrag kann nur durch einen Rechtsanwalt oder eine Rechtsanwältin beim Familiengericht eingereicht werden.
- Zuständigkeit: Zuständig ist das Familiengericht, meist am Ort der letzten gemeinsamen ehelichen Wohnung oder des Wohnsitzes gemeinsamer Kinder.
- Kostenregelung: Der antragstellende Ehegatte zahlt zunächst einen Kostenvorschuss. Die Kosten werden später meist zwischen beiden Parteien geteilt.
3. Was bedeutet das Trennungsjahr?
Das sogenannte Trennungsjahr ist in Deutschland gesetzlich vorgeschrieben (§ 1566 BGB). Es soll sicherstellen, dass die Ehepartner die Scheidung nicht überstürzt beantragen, sondern die Trennung bewusst vollzogen haben.
Getrennt leben bedeutet dabei nicht zwingend zwei verschiedene Wohnungen. Auch eine Trennung innerhalb der gemeinsamen Wohnung („Trennung von Tisch und Bett“) ist möglich, wenn:
- keine gemeinsamen Haushaltsaktivitäten mehr stattfinden,
- getrennt gewirtschaftet wird,
- keine gemeinsame Freizeitgestaltung mehr erfolgt,
- eine klare Trennung im Alltag besteht.
Das Trennungsjahr beginnt mit dem Datum, an dem die Trennung erklärt und vollzogen wurde. Für das Gericht kann es hilfreich sein, wenn dieses Datum schriftlich festgehalten wurde.
Gibt es Ausnahmen vom Trennungsjahr?
Ja, das Gesetz kennt Härtefälle, bei denen die Einhaltung des Trennungsjahres unzumutbar wäre (§ 1565 Abs. 2 BGB). In diesen Fällen kann die Scheidung auch sofort beantragt werden – also noch vor Ablauf des Trennungsjahres.
Beispiele für eine unzumutbare Härte:
- Häusliche Gewalt
- Alkohol- oder Drogensucht mit Gefährdung des Partners
- Massive psychische Belastung durch das Verhalten des anderen Ehegatten
- Wiederholte schwere Beleidigungen oder Demütigungen
Ob eine solche Ausnahme vorliegt, entscheidet das Familiengericht im Einzelfall.
4. Wie läuft das Scheidungsverfahren ab?
Der Ablauf gliedert sich in folgende Schritte:
- Vorbereitung mit dem Anwalt
Der scheidungswillige Ehegatte sucht einen Fachanwalt/Fachanwältin für Familienrecht auf. Dieser reicht den Scheidungsantrag beim zuständigen Familiengericht ein. - Zustellung an den anderen Ehepartner
Das Gericht stellt dem anderen Ehegatten den Antrag offiziell zu. Dieser kann sich selbst äußern oder ebenfalls eine anwaltliche Vertretung beauftragen. - Versorgungsausgleich wird eingeleitet
Das Gericht holt bei der Deutschen Rentenversicherung und ggf. weiteren Versorgungsträgern Auskünfte zu den Rentenanwartschaften ein (mehr dazu im nächsten Abschnitt). - Mögliche Folgeanträge
Wer will, kann parallel Anträge zum Unterhalt, Sorgerecht, Hausrat oder Zugewinnausgleich stellen – bei Einvernehmen auch einvernehmlich. - Gerichtstermin
Nach Abschluss aller Vorbereitungen werden beide Parteien zur mündlichen Verhandlung geladen. Diese dauert oft nur wenige Minuten. Danach wird der Scheidungsbeschluss verkündet. - Rechtskraft der Scheidung
Beide Parteien können dem Beschluss zustimmen – dann wird die Scheidung direkt rechtskräftig. Legt niemand innerhalb eines Monats Beschwerde ein, wird sie automatisch rechtskräftig.
5. Was ist der Versorgungsausgleich?
Der Versorgungsausgleich ist gesetzlich geregelt (§§ 1587 ff. BGB) und bedeutet: Die während der Ehe erworbenen Rentenanwartschaften werden zwischen den Ehegatten halbiert.
Wichtige Eckpunkte:
- Der Ausgleich erfolgt automatisch, wenn die Ehe länger als drei Jahre gedauert hat.
- Bei kürzerer Ehezeit ist der Versorgungsausgleich nur auf Antrag durchzuführen.
- Beide Ehegatten müssen dafür Fragebögen zur Renteninformation ausfüllen.
- Der Ausgleich betrifft auch Betriebsrenten, private Rentenversicherungen oder Versorgungswerke.
Ziel ist eine gerechte Altersabsicherung beider Ehepartner, unabhängig vom Erwerbsverlauf.
6. Wie lange dauert eine Scheidung?
Die Dauer hängt stark vom Einzelfall ab. Grobe Richtwerte:
- Einvernehmliche Scheidung mit geklärten Folgesachen: ca. 5–9 Monate
- Streitige Scheidung oder Verzögerungen beim Versorgungsausgleich: bis zu 12 Monate oder länger
- Verzögerungen entstehen oft durch fehlende Unterlagen oder Streit über Unterhalt, Vermögen oder Sorgerecht.
Tipp: Wer sich frühzeitig anwaltlich beraten lässt und alle Unterlagen vollständig einreicht, kann das Verfahren deutlich beschleunigen.
7. Was kostet eine Scheidung?
Die Kosten einer Scheidung setzen sich aus den Gerichtskosten und den Anwaltskosten zusammen. Maßgeblich ist der sogenannte Verfahrenswert, der sich nach dem Nettoeinkommen der Ehepartner richtet.
Beispielrechnung (vereinfacht):
- Nettoeinkommen beider Partner: 3.000 €
- Verfahrenswert: ca. 9.000 €
- Gerichtskosten: ca. 500–600 €
- Anwaltskosten: ca. 1.500–1.800 €
Gut zu wissen: Die Kosten können ggf. über Verfahrenskostenhilfe (VKH) abgedeckt werden, wenn ein Ehegatte nicht in der Lage ist, die Kosten selbst zu tragen.
8. Fazit
Eine weitere wichtige Voraussetzung ist, dass keine unzumutbare Härte für einen der Ehepartner vorliegt, was in Einzelfällen eine frühere Scheidung ermöglicht. Das zuständige Familiengericht prüft alle Anträge und sorgt dafür, dass der gesetzlich vorgeschriebene Ablauf des Scheidungsverfahrens eingehalten wird.

Dabei werden auch finanzielle Aspekte wie der Versorgungsausgleich, der die Rentenansprüche beider Ehegatten ausgleicht, berücksichtigt – eine Aufgabe, bei der die Deutsche Rentenversicherung häufig involviert ist.
Die Entscheidung, eine Scheidung einzureichen, ist immer eine tiefgreifende und meist belastende Situation für beide Ehegatten. Die Voraussetzung für eine erfolgreiche Scheidung ist, dass die Ehe als gescheitert gilt – in den meisten Fällen wird dies durch ein Jahr getrennt leben nachgewiesen. Alternativ kann die Ehe auch nach drei Jahren getrennt leben ohne Zustimmung eines Partners geschieden werden.
Um unnötige Verzögerungen oder Komplikationen zu vermeiden, sollten Sie frühzeitig einen erfahrenen Rechtsanwalt oder eine Rechtsanwältin für Familienrecht beauftragen. Dieser unterstützt Sie dabei, den Scheidungsantrag korrekt einzureichen und alle notwendigen Anträge termingerecht zu stellen. So wird das Verfahren zügig und möglichst unkompliziert abgewickelt.
Wer eine Scheidung einreichen will, sollte sich gut vorbereiten:
- Prüfen Sie, ob das Trennungsjahr abgelaufen ist oder ob ein Härtefall vorliegt.
- Lassen Sie sich rechtzeitig von einem Fachanwalt für Familienrecht beraten.
- Denken Sie an wichtige Folgefragen wie Versorgungsausgleich, Unterhalt und elterliche Sorge.
- Achten Sie auf eine vollständige Dokumentation der Trennung und die fristgerechte Einreichung aller Unterlagen.
Eine gut vorbereitete, einvernehmliche Scheidung spart nicht nur Zeit, sondern auch Nerven und Geld.
9. FAQ
Wann kann ich eine Scheidung beantragen?
Sobald Sie seit einem Jahr getrennt leben. Nach drei Jahren Trennung ist kein Nachweis des Scheiterns mehr erforderlich.
Was gilt als Trennung?
Auch eine Trennung innerhalb der gemeinsamen Wohnung ist möglich, wenn klar getrennt gewirtschaftet wird.
Kann ich eine Scheidung beantragen, wenn wir weniger als drei Jahre getrennt leben?
Ja, grundsätzlich können Sie eine Scheidung beantragen, wenn Sie seit einem Jahr getrennt leben. In diesem Fall gilt die Ehe als gescheitert, wenn beide Ehegatten zustimmen. Falls ein Partner nicht einverstanden ist, muss das Scheitern der Ehe durch andere Beweise glaubhaft gemacht werden. Nur nach drei Jahren getrennt leben kann die Scheidung auch gegen den Willen eines Ehegatten durchgesetzt werden.
Brauche ich einen Anwalt?
Ja, es herrscht Anwaltszwang. Der Antrag kann nur von einem Anwalt/einer Anwältin beim Familiengericht eingereicht werden.
Was ist der Versorgungsausgleich?
Ein Ausgleich der Rentenanwartschaften, die während der Ehe erworben wurden. Er erfolgt in der Regel automatisch über das Gericht.
Kann ich mich vor Ablauf des Trennungsjahres scheiden lassen?
Ja, bei unzumutbarer Härte – z. B. bei Gewalt oder massiven seelischen Belastungen.
Was bedeutet es, wenn beim Scheiden eine unzumutbare Härte vorliegt?
Liegt eine unzumutbare Härte vor, kann die Trennungszeit verkürzt oder sogar ganz entfallen. Das ist beispielsweise der Fall, wenn eine Fortsetzung der Ehe für einen der Ehegatten aus schwerwiegenden Gründen nicht zumutbar ist – etwa bei Gewalt oder schweren Straftaten. In solchen Fällen kann das Familiengericht eine sofortige Scheidung zulassen.
Wie lange dauert eine Scheidung?
Im Durchschnitt 6–9 Monate bei einvernehmlicher Scheidung. In Streitfällen länger.
Wie lange dauert der Ablauf vom Scheidungsantrag bis zur endgültigen Scheidung?
Die Dauer des Scheidungsverfahrens hängt von verschiedenen Faktoren ab, wie dem Einvernehmen der Ehegatten und der Auslastung des Familiengerichts. Bei einem einvernehmlichen Antrag, wenn beide Ehegatten seit einem Jahr getrennt leben, kann der Ablauf oft innerhalb weniger Monate abgeschlossen sein.
Wer zahlt die Kosten beim Scheidungsverfahren?
Die Kosten für das Scheidungsverfahren umfassen Gerichtsgebühren und die Gebühren des Rechtsanwalts. Die antragstellende Partei muss in der Regel einen Kostenvorschuss zahlen. Die endgültigen Kosten werden meist zwischen den Ehegatten aufgeteilt, sofern keine Verfahrenskostenhilfe gewährt wird. Ein Rechtsanwalt kann Sie hierzu individuell beraten.
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