Ehe annullieren: Unter welchen Voraussetzungen ist das möglich?
- Von Martina Kellermann
Wenn zwei Menschen eine Ehe eingehen und nach einer gewissen Zeit feststellen, dass die Verbindung nicht glücklich ist, findet die „normale“ Trennung über ein Scheidungsverfahren mit dem erforderlichen Trennungsjahr statt. Es gibt jedoch auch die Möglichkeit, die Eheannullierung durchzuführen. Wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind, können Sie die Ehe annullieren.

Die Annullierung einer Ehe unterscheidet sich grundlegend von einer klassischen Scheidung wegen Zerrüttung der Ehe. Während bei einer Scheidung die geschlossene Ehe für die Zukunft aufgelöst wird, führt eine Aufhebung der Ehe dazu, dass die Ehe so behandelt wird, als hätte sie nie rechtswirksam bestanden.
Informieren Sie sich in diesem Beitrag über die rechtlichen Grundlagen der Eheaufhebung und nehmen Sie bei Bedarf anwaltlichen Rat in Anspruch. Ich unterstütze Sie gern und bin bei allen Fragen rund um die Annullierung der Ehe an Ihrer Seite!
Inhalte dieser Seite
- Kann man eine Ehe annullieren lassen?
- Zutreffende Gründe für eine Aufhebung der Ehe nach § 1314 BGB
- Weitere Aufhebungsgründe nach § 1314 BGB
- Fristen für die Eheannullierung
- Eheannullierung oder ordnungsgemäße Scheidung?
- Verfahren und Antragstellung beim Familiengericht
- Rechtliche Folgen der Eheaufhebung
- Kosten der Eheannullierung
- Besondere Fallkonstellationen
- Beratung und rechtliche Unterstützung
- Fazit
- FAQ
1. Kann man eine Ehe annullieren lassen?
Zunächst ein paar Worte zum Begriff: Die Bezeichnung „Ehe annullieren“ ist umgangssprachlich. Der Gesetzgeber spricht dagegen von einer Aufhebung einer Ehe. Die Auflösungsgründe sind im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB), § 1313 ff. BGB und insbesondere § 1314 BGB, genau definiert.
Nicht zutreffend ist auch die Bezeichnung „Ehenichtigkeit„, denn dabei handelt es sich um die Auflösung einer Ehe nach kirchlichem Recht. Wir bleiben der Einfachheit halber bei dem Terminus der Eheannullierung.
Im landläufigen Sinne handelt es sich dabei um die Auflösung der Ehe nach einer kurzen Ehedauer.
Die rechtlichen Grundlagen für eine Eheaufhebung finden sich in den § 1313 ff. BGB. Diese Regelungen unterscheiden zwischen verschiedenen Aufhebungsgründen, die zum Zeitpunkt der Eheschließung vorliegen müssen oder sich kurz danach zeigen.
2. Zutreffende Gründe für eine Aufhebung der Ehe nach § 1314 BGB
Die § 1314 BGB definiert verschiedene Gründe, unter denen beide Ehegatten oder ein Ehegatte die Ehe aufheben lassen können:
Sofortige Aufhebungsgründe
- Minderjährigkeit: Einer der Eheleute ist nicht volljährig und es gibt keine Ausnahmegenehmigung, dass die Ehe für diese Person ab dem 16. Lebensjahr möglich ist.
- Geschäftsunfähigkeit: Einer oder beide Partner ist/sind nicht geschäftsfähig oder bei der Heirat nicht zurechnungsfähig.
- Bereits verheiratet: Einer der beiden Ehepartner ist schon mit einer anderen Person verheiratet oder es besteht eine eingetragene Lebenspartnerschaft.
- Eheverbote: Die beiden Partner sind in gerader Linie miteinander verwandt oder Geschwister.
- Die erforderlichen Erklärungen bei der Eheschließung wurden nicht persönlich abgegeben.
Wenn einer dieser Gründe bekannt ist, dann handelt es sich um eine ungültige Eheschließung. Die Ehe kann (oder muss) sofort wieder aufgehoben werden. In der standesamtlichen Praxis kommen solche Fälle sehr selten vor. Bereits bei der Bestellung des Aufgebots achtet der Standesbeamte darauf, dass alle Voraussetzungen erfüllt werden.
Das Ehepaar muss für die Aufhebung einer Ehe einen Antrag an das Familiengericht stellen. Aufgrund des Anwaltszwangs ist eine anwaltliche Vertretung erforderlich.
3. Weitere Aufhebungsgründe nach § 1314 BGB
Außer den vorgenannten Aufhebungsgründen gibt es noch andere Gründe, mit denen eine Ehe nachträglich annulliert werden kann:
Bewusstseinsstörungen zum Zeitpunkt der Eheschließung
Ein Ehepartner befindet sich während der Eheschließung bewusstlos oder seine Störung der Geistestätigkeit ist gegeben. Ein solcher Zustand kann etwa durch Alkohol- oder Drogenkonsum verursacht werden. Dies ist besonders relevant bei spontanen Eheschließungen, etwa in Las Vegas, wo unter Alkoholeinfluss geheiratet wird.
Unwissen über die Eheschließung
Einer der beiden Partner weiß nicht, dass es sich um eine Eheschließung handelt. Es geht in diesem Fall meist um fehlende Sprachkenntnisse oder kulturelle Missverständnisse.
Arglistige Täuschung
Ein Ehegatte wurde durch arglistige Täuschung zur Heirat bewogen. Es geht nicht um die Täuschung hinsichtlich der Vermögensverhältnisse (Stichwort Heiratsschwindel), sondern um andere eherelevante Umstände. Wenn er (oder sie) nicht getäuscht worden wäre, wäre die Ehe nicht zustande gekommen.
Infrage kommt zum Beispiel:
- Das Verschweigen bestimmter ansteckender Krankheiten wie eine HIV-Infektion
- Eine bekannte, arglistig verschwiegene Impotenz
- Das Verschweigen einer früheren Ehe
- Die Existenz von leiblichen Kindern
Man muss davon ausgehen, dass der getäuschte Partner andernfalls von einer Heirat abgesehen hätte.
Drohung zur Eheschließung
Die Ehe aufheben lassen können Sie, wenn ein Ehepartner widerrechtlich durch Drohung zur Heirat gezwungen wird. Dies umfasst sowohl körperliche als auch psychische Gewalt oder Erpressung.
Scheinehe
Eine Annullierung einer Ehe ist möglich, wenn beide Ehegatten von vornherein die ehelichen Verpflichtungen ausschließen. Das betrifft hauptsächlich Scheinehen, die wegen der Erlangung einer Aufenthaltserlaubnis eingegangen werden. In solchen Fällen wird auch die Ausländerbehörde aktiv.
Es ist bei diesen Aufhebungsgründen meist schwierig, einen tatsächlichen Nachweis zu führen. Die beiden Gründe, die am ehesten zur Eheannullierung führen, sind die Täuschung über eherelevante Umstände und die Scheinehe.
4. Fristen für die Eheannull
Die Frist für die Antragstellung zur Eheaufhebung hängt vom jeweiligen Aufhebungsgrund ab:
- 1 Jahr: Bei arglistiger Täuschung haben Sie 1 Jahr Zeit, nachdem Sie von der Täuschung erfahren haben
- 3 Jahre: Bei Drohung beträgt die Frist 3 Jahre nach dem Ende der Zwangslage
- 6 Monate: In besonderen Fällen können auch kürzere Fristen gelten
Wichtig: Diese Fristen können nur in Ausnahmefällen verlängert werden und müssen unbedingt eingehalten werden, da sonst das Recht auf Eheannullierung erlischt.
5. Eheannullierung oder ordnungsgemäße Scheidung?
In manchen Fällen stellen beide Partner schon kurze Zeit nach der Eheschließung fest, dass die Heirat ein Fehler war. Dieses Ansinnen ist zwar in manchen Fällen verständlich, reicht aber als Begründung für eine Annullierung der Ehe meistens nicht aus.
Der bessere Weg in diesem Fall ist eine ordnungsgemäße Scheidung nach Ablauf des Trennungsjahres. Eine Scheidung wegen Zerrüttung der Ehe ist in der Regel kostengünstiger und rechtlich einfacher durchzuführen als eine Eheaufhebung.
6. Verfahren und Antragstellung beim Familiengericht
Zuständigkeit und Anwaltszwang
Wenn Sie Ihre Ehe aufheben lassen möchten, müssen Sie einen Antrag beim zuständigen Familiengericht stellen. Aufgrund des Anwaltszwangs ist eine anwaltliche Vertretung zwingend erforderlich.
Erforderliche Unterlagen
Für die Antragstellung benötigen Sie verschiedene Dokumente:
- Heiratsurkunde
- Personalausweise beider Ehepartner
- Nachweise für den geltend gemachten Aufhebungsgrund
- Bei Scheinehen: Entsprechende Belege
Beweisführung
Die Beweisführung bei einer Eheannullierung ist oft schwierig und aufwendig. Je nach Aufhebungsgrund müssen verschiedene Tatsachen nachgewiesen werden, was zu höheren Kosten führen kann.
Setzen Sie auf professionelle und erfahrene Beratung und Unterstützung.
7. Rechtliche Folgen der Eheaufhebung
Ex nunc Wirkungsweise
Die Aufhebung einer Ehe wirkt ex nunc, das bedeutet für die Zukunft. Im Gegensatz zur Nichtigkeit wird die Ehe nicht so behandelt, als hätte sie nie bestanden, sondern sie wird ab dem Zeitpunkt der Aufhebung aufgelöst.
Unterhalt nach Aufhebung
Der Unterhalt nach Aufhebung richtet sich nach § 1318 BGB. Grundsätzlich besteht kein Unterhaltsanspruch, es sei denn, besondere Umstände rechtfertigen eine Ausnahme. Dies ist ein wesentlicher Unterschied zur Scheidung, wo umfangreichere Unterhaltsregelungen gelten.
Versorgungsausgleich
Ein Versorgungsausgleich findet bei einer Eheaufhebung in der Regel nicht statt, da die Ehe als nicht rechtswirksam zustande gekommen betrachtet wird.
Vermögensregelung
Die Vermögensregelung erfolgt nach anderen Grundsätzen als bei einer Scheidung. Erworbene Vermögenswerte müssen grundsätzlich zurückgewährt werden.
8. Kosten der Eheannullierung
Die Kosten für eine Eheannullierung setzen sich zusammen aus:
Anwaltskosten
Die Anwaltskosten richten sich nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) und dem Streitwert des Verfahrens. Je komplexer der Fall und je umfangreicher die Beweisführung, desto höher fallen die Kosten aus.
Gerichtskosten
Die Gerichtskosten werden nach dem Gerichtskostengesetz (GKG) berechnet und hängen ebenfalls vom Streitwert ab.
Zusatzkosten
Zusätzliche Kosten können entstehen durch:
- Gutachten (z.B. bei psychischen Erkrankungen)
- Übersetzungen
- Zeugengebühren
- Sachverständige
Die Ermittlungen und Beweisaufnahmen sind meist sehr umfangreich, brauchen viel Zeit und können hohe Kosten verursachen. Pauschalangaben sind schwierig, da jeder Fall individuell eingestuft wird. In der Regel ist jedoch eine Scheidung unter Einhaltung des Trennungsjahres kostengünstiger und auch schneller.
9. Besondere Fallkonstellationen
Scheinehen und ausländerrechtliche Konsequenzen
Bei Scheinehen wird automatisch die Ausländerbehörde informiert, die aufenthaltsrechtliche Maßnahmen einleiten kann. Die Folgen können gravierend sein und bis zur Ausweisung führen.
Internationale Ehen
Bei internationalen Ehen müssen zusätzlich die Rechtsordnungen der jeweiligen Heimatländer beachtet werden. Eine Eheaufhebung nach deutschem Recht führt nicht automatisch zur Anerkennung im Ausland.
10. Beratung und rechtliche Unterstützung
Ich bin für weitere Fragen und Beratungen jederzeit für Sie da! Wenden Sie sich vertrauensvoll an unsere Kanzlei. Wir besprechen in Ruhe die Vorgehensweise und finden mit Ihnen gemeinsam die richtige Lösung!
Die Eheannullierung ist ein komplexes Rechtsgebiet, das fundierte Kenntnisse der § 1313 ff. BGB erfordert. Eine frühzeitige anwaltliche Beratung kann Ihnen helfen, die Erfolgsaussichten realistisch einzuschätzen und die Kosten zu kalkulieren.
Setzen Sie auf professionelle und erfahrene Beratung und Unterstützung.
11. Fazit
Die Ehe aufheben lassen – unter bestimmten Voraussetzungen ist dies möglich, wenn die Voraussetzungen erfüllt sind:
- Der Begriff „Ehe annullieren“ ist umgangssprachlich. Der Gesetzgeber spricht dagegen von einer Aufhebung der Ehe.
- Die Aufhebungsgründe sind in den § 1313 ff. BGB und insbesondere § 1314 BGB genau definiert.
- Liegt einer dieser Gründe vor, kann die geschlossene Ehe aufgehoben werden.
- Die Ehegatten müssen die Aufhebung einer Ehe beim Familiengericht beantragen.
- Bei einer Scheinehe wird die Ausländerbehörde tätig.
- Je nach Aufhebungsgrund gelten unterschiedliche Fristen: 1 Jahr bei Täuschung, 3 Jahre bei Drohung.
- Die Annullierung einer Ehe wirkt ex nunc und hat andere Rechtsfolgen als eine Scheidung.
- Unterhalt und Versorgungsausgleich werden anders geregelt als bei einer Scheidung.
In der Regel ist eine Scheidung unter Einhaltung des Trennungsjahres kostengünstiger und auch schneller.
12. FAQ
Was bedeutet es, eine Ehe annullieren zu lassen?
Bei einer Eheannullierung handelt es sich um die Aufhebung einer Ehe aufgrund bestimmter Mängel, die zum Zeitpunkt der Eheschließung vorlagen. Der Gesetzgeber spricht von einer Eheaufhebung nach den § 1313 ff. BGB.
Was sind die häufigsten Gründe für die Annullierung einer Ehe?
Die häufigsten Aufhebungsgründe sind arglistige Täuschung über eherelevante Umstände und Scheinehen. Weitere Gründe sind Minderjährigkeit, Geschäftsunfähigkeit, Eheverbote und Drohung. Alle Gründe sind in § 1314 BGB definiert.
An wen wende ich mich, wenn ich meine Ehe aufheben lassen möchten?
Sie müssen einen Antrag an das Familiengericht stellen. Aufgrund des Anwaltszwangs ist eine anwaltliche Vertretung erforderlich. Bei Scheinehen wird automatisch die Ausländerbehörde aktiv.
Wie lange habe ich Zeit, um die Annullierung der Ehe zu beantragen?
Die Frist hängt vom Aufhebungsgrund ab: Bei arglistiger Täuschung haben Sie 1 Jahr Zeit, bei Drohung 3 Jahre nach dem Ende der Zwangslage. In besonderen Fällen können auch kürzere Fristen von 6 Monaten gelten.
Was kostet eine Eheannullierung?
Die Kosten setzen sich aus Anwaltskosten und Gerichtskosten zusammen und richten sich nach dem Streitwert. Zusätzliche Kosten können durch Gutachten oder Beweiserhebungen entstehen. Eine pauschale Angabe ist nicht möglich.
Welche Unterschiede gibt es zwischen Eheannullierung und Scheidung?
Eine Scheidung löst die Ehe wegen Zerrüttung auf, erfordert ein Trennungsjahr und regelt Unterhalt sowie Versorgungsausgleich. Eine Eheaufhebung erfolgt wegen Mängeln bei der Eheschließung, hat eine ex nunc Wirkungsweise und andere Rechtsfolgen beim Unterhalt nach Aufhebung.
Was passiert bei einer Scheinehe?
Bei einer Scheinehe prüft die Ausländerbehörde aufenthaltsrechtliche Konsequenzen. Die geschlossene Ehe kann aufgehoben werden, wenn beide Ehegatten von Anfang an die ehelichen Pflichten ausschließen wollten.
Kann eine im Ausland geschlossene Ehe in Deutschland aufgehoben werden?
Ja, auch eine im Ausland geschlossene Ehe kann in Deutschland aufgehoben werden, wenn die Voraussetzungen erfüllt sind und deutsche Gerichte zuständig sind. Dies gilt auch für spontane Eheschließungen wie in Las Vegas.
Was bedeutet „bereits verheiratet“ als Aufhebungsgrund?
Wenn einer der Partner bereits verheiratet ist oder eine eingetragene Lebenspartnerschaft führt, liegt ein absolutes Ehehindernis vor. Die zweite Ehe ist nichtig und muss aufgehoben werden.
Welche Rolle spielt eine Störung der Geistestätigkeit?
Eine Störung der Geistestätigkeit zum Zeitpunkt der Eheschließung – etwa durch Alkohol-, Drogenkonsum oder wenn der Partner bewusstlos war – kann zur Eheaufhebung führen, da keine wirksame Willenserklärung abgegeben werden konnte.
Haben Sie weitere Fragen zum Thema Ehe Annullierung oder benötigen eine rechtliche Beratung? Dann rufen Sie uns an unter 0511 – 22 00 53 30 oder schreiben Sie eine E-Mail an info@kellermann-kohlrautz.de.
Bildquellennachweis: pixelshot / Canva.com
